Der italienische Supervulkan

Immer wieder geistert ein Thema durch diverse Nachrichtenseiten, das vom baldigen Ausbruch eines Supervulkans in Italien berichtet. Dieser soll sich unter den Phlegräischen Feldern befinden, in der Nähe der Großstadt Neapel. Sollte dieser eines Tages ausbrechen, kann dies durchaus verheerende Folgen für unsere Zivilisation haben, vor allem in Europa. Aber wie wahrscheinlich ist ein solches Szenario?

Phlegräische Felder

Die Phlegräischen Felder liegen in Kampanien (Italien), ca. 20 Kilometer vom Vesuv entfernt. Sie sind ein Gebiet mit sehr hoher vulkanischer Aktivität. Das gesamte Gebiet ist etwa 200 km² groß und reicht vom Golf von Neapel über den Golf von Pozzuoli bis nach Monte di Procida. Das Vulkanfeld liegt auf einer Caldera und bildet mit den Inseln Procida und Ischia das Phlegräische Vulkansystem. Die Magmakammern des Feldes liegen geschätzt in etwa 3 – 8 km Tiefe und haben ein Volumen von etwa 300 km³. Man vermutet, dass die Magmakammern mit dem Vesuv verbunden sind, dies wurde aber bislang nicht bewiesen. Insgesamt werden die Phlegräischen Felder aufgrund der Größe als europäischer Supervulkan bezeichnet.

Satellitenaufnahmen des Gebietes zeigen eine ausgeprägte, weitläufige Vulkankraterlandschaft. Das fatale an diesem Gebiet ist die Nähe zur Millionenstadt Neapel. Haben die Neapolitaner schon Respekt vor dem Vesuv, so fürchten sie den Ausbruch der Phlegräischen Felder noch mehr. Ein solcher Ausbruch könnte die gesamte Stadt in Schutt und Asche legen. Von den logistischen Problemen, um eine Millionenstadt zu evakuieren, ganz abgesehen. Sollte sich bei einem Ausbruch der Felder die Annahme, dass der Vesuv damit verbunden ist, bewahrheiten, würde dieser sehr wahrscheinlich zeitgleich ausbrechen.

Supervulkane
Supervulkane: Die unbändige Kraft, die unsere Zivilisation bedroht…

In der Vergangenheit brachen die Campi flegrei, wie sie auf italienisch genannt werden, schon mehrfach aus. Der gewaltigste Ausbruch fand vor etwa 36.000 bis 39.000 Jahren statt. Er hatte einen VEI von 7 – 8 und warf bis zu 150 km³ (verschiedene Quellen sprechen sogar von 430 bis 680 km³) pyroklastisches Sediment aus. Die Tuffschicht kann man in weiten Teilen Kampaniens finden, große Landstriche wurden dabei zerstört, die weltweite Durchschnittstemperatur fiel aufgrund der Asche in der Atmosphäre durch die Verdunklung der Sonne weit ab. Eine Theorie sieht durch diesen Ausbruch den Auslöser für den Anfang vom Ende der Neandertaler.

Vor nicht all zu langer Zeit wurde in Rumänien eine rund einen Meter mächtige Tuffschicht gefunden, die man dem Ausbruch der Felder zuordnen konnte. Dies ist ungefähr 1.500 km vom Ausbruchort entfernt, und doch konnte man diese gewaltige Schicht aus Eruptivgesteinen finden, was für einen verheerenden Ausbruch spricht.

Vor etwa 29.000 Jahren soll nach neuen Erkenntnissen ein weiterer Ausbruch stattgefunden haben, dessen Ablagerungen in einem Gebiet von 150.000 km² gefunden wurden. Vor etwa 15.000 Jahren brachen die Felder nochmals mit einem VEI von 7 und einem Ausstoß von ca. 30 km³ Tephra aus, hatten aber nicht die Gewalt des älteren Ausbruchs.

Doch zurück zur Gegenwart. Sind die aktuellen Meldungen in der Presse wieder dem allgegenwärtigen Alarmismus geschuldet und Panikmache, oder ist wirklich etwas dran, dass die Felder kurz vor einem Ausbruch stehen könnten?

Seit den 1950er Jahren werden die Phlegräischen Felder und der Vesuv streng überwacht. Jedes noch so kleine Zucken und Beben wird registriert. Daraus ergeben sich immer wieder Warnungen, die die Bevölkerung in dem Gebiet schon relativ abgestumpft hat. Seit März 2022 erschüttern immer wieder kleinere Erdstöße westlich und östlich der Felder die Gegend. Das erste hatte am 16. März 2022 eine Stärke von 3.5, ein zweites Beben am 29. März eine Stärke von 3.6 auf der Richterskala. Noch nichts dramatisches, sollte man denken, immerhin ist diese Region Italiens Erdbebengebiet. Analysen der Beben ergaben allerdings, dass seit Sommer 2020 vermehrt Brüche in der Gesteinsschicht auftraten, was zu starken Erdbeben in Tiefen von unter 2,5 Kilometern führte. Langfristig könnten diese Brüche und Risse das Risiko eines Magmaanstiegs an die Oberfläche erhöhen. Man nimmt an, dass das Risiko eines Ausbruchs höher ist, als bisher angenommen. Die derzeitige Bodenhebung beträgt ca. 13 mm im Monat, seit 2011 hat sich der Boden um bis zu 90 cm gehoben. Für das Jahr 2022 zählte man 775 Beben und Erdbebenschwärme im Gebiet.

Im Mai 2023 hatte sich die Hebungsrate des Gebietes wieder verringert. Die Beben hielten aber unvermindert an. Fast täglich wurden in der Tiefe Beben registriert. Am 19.10.2023 kam es erneut zu einem größeren Beben in ca. 2,7 km Tiefe, mit einer Magnitude von 2.2 auf der Richterskala. Vulkanologen sprechen von ruhigen Wochen. Es gab lediglich 22 Erdbeben. Die Bodenhebung wird mit 15 mm pro Monat angegeben (November 2023).

Ist dies nun allerdings eine akute Bedrohung, wie man dies aus den Meldungen der Medien und unzähligen Videos auf YouTube entnehmen kann, oder steht ein Ausbruch unmittelbar, bzw. mittelbar bevor?

Die Campi flegrei waren schon immer ein hochaktives vulkanisches Gebiet. Der letzte überlieferte kleinere Ausbruch fand vor 500 Jahren statt, somit hat man keine Messdaten, auf die sich die Wissenschaft beziehen könnte. Man hat Alarmsignale wie Erdbeben, Hebungen, Gasaustritte, die sich mehren und deutlich zunehmen. Aber man hat keine Gewissheit. Die jüngsten Beben bei Pozzuoli haben die Wissenschaft zwar aufgeschreckt und man fragt sich, ob es die Vorboten eines Ausbruchs sind, man kann allerdings nur abwarten, was sich weiter ergibt. Allerdings zeigt eine Fläche von über 1 km² mehrere Brüche im Untergrund. Dennoch wurde keine Veränderung der Temperatur und Entgasungstätigkeit gemessen. Die Felder sind seit dem Sommer 2022 anfälliger für Risse geworden, aber man gibt vorsichtig Entwarnung.

Gefahr eines Ausbruchs

Doch was würde ein Ausbruch für die unmittelbar betroffenen Anwohner bedeuten? Im Falle eines Ausbruchs müssten rund 500.000 Menschen evakuiert werden, die italienischen Behörden gehen davon aus, dass dies mindestens 3 Tage dauern würde. Man hat die Felder in Risikozonen eingeteilt, die Warnstufe ist aktuell auf Gelb und der italienische Minister für Zivilschutz erwägt die Erhöhung der Alarmstufe auf Orange. Doch es regt sich auch Widerstand gegen die Warnstufen und Evakuierungspläne. Der Bürgermeister der Kleinstadt Bacoli wirft dem Zivilschutz vor, man würde damit Touristen abschrecken.

Doch was geschieht, wenn der nächste Ausbruch kein lokales Ereignis ist, und die Phlegräischen Felder mit einer Wucht von 7-8 VEI ausbrechen? Eine Evakuierung der angrenzenden Gebiete mit 500.000 Bewohnern würde nicht ausreichen. Auch Neapel müsste geräumt werden, vor allem wenn sich bewahrheiten sollte, dass die Magmakammern der Phlegräischen Felder mit dem Vesuv zusammenhängen. Selbst wenn das nicht der Fall sein sollte, ist die Stadt Neapel hoch gefährdet. Eine Simulation des „Istituto Nazionale di Geofisica e Vulcanologia“ aus dem Jahr 2011 zeigt erschreckende Auswirkungen. Innerhalb weniger Minuten wäre Neapel nach dem Ausbruch der Phlegräischen Felder von Magma bedeckt. Neapel führt regelmäßig Katastrophenschutzübungen aufgrund des nahen Vesuv durch, die aber leider von der Bevölkerung zum größten Teil ignoriert werden. Wie wird man die Millionenstadt räumen? Eine traurige Tatsache ist, dass ein Ausbruch sehr viele Menschenleben fordern würde.

Aber das ist nicht alles. Bei einem Ausbruch eines Supervulkans würde es zu einem „Vulkanischen Winter“ durch den Staub in der Atmosphäre kommen. Temperaturstürze und Hungersnöte wären die Folge. Nicht nur in Italien, sondern weltweit. Staubwolken kennen keinen Grenzen, sie ziehen rund um den Globus. Europa würde es besonders hart treffen, denn wir haben den Vulkan praktisch direkt vor der Haustüre. Eine Tatsache, die sich nur wenige Menschen bewusst machen. Man kann hier nicht von einem italienischen Problem sprechen, sondern man muss von einer europäischen, bzw. weltweiten Naturkatastrophe ausgehen.

Man kann nur hoffen, dass sich die Lage wieder beruhigt und die Phlegräischen Felder in eine neue Routine des sanften Auf- und Abschwellens übergehen. Ähnliches ist auf der ganzen Welt, so z.B. auch beim Supervulkan Yellowstone, zu beobachten. Vielleicht kommen die Felder auch bald von selbst zur Ruhe. Man wird abwarten müssen.

Autorin: Martina Lohr

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