Antwort auf: Flache Erde Theorie

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Leif Inselmann
    • Urschleim
    • Beiträge: 8

    Das Denkmodell entstammt dem Mittelalter

    Tatsächlich nein. Dass die Menschen im Mittelalter noch an eine flache Erde glaubten, ist ein weit verbreiteter Mythos, der aber erst in der Neuzeit entstanden ist. Bereits in der Antike wurde die Rundwelt zum Allgemeinwissen.
    Homer und ganze frühe Philosophen wie Thales von Milet gingen noch von einer flachen Erde aus; in den nächsten Jahrhunderten konkurrierten da verschiedene Modelle miteinander. Die Pythagoräer zum Beispiel nahmen schon von Anfang an eine runde Erde an und auch Aristoteles fand die runde Erde selbstverständlich (und dem wurde im Mittelalter bekanntlich fast so dogmatisch geglaubt wie der Bibel). Spätestens mit Eratosthenes, der den Erdumfang annähernd korrekt berechnete, war die runde Erde endgültig durchgesetzt; schon Plinius (1. Jhd. n. Chr.) setzte sie voraus. Im Mittelalter wurde die Kugelgestalt der Erde sogar dazu herangezogen zu begründen, wieso die Erde im Zentrum des Universums stehen müsse! (Weil bekanntlich alles zum Erdmittelpunkt hin fällt …) Jedenfalls glaubte im Mittelalter kein gebildeter Mensch mehr an eine flache Erde (abgesehen vielleicht von ein paar Spinnern, wie wir sie auch heutzutage noch haben).

    Wie erklären sich die Anhänger der Theorie die wissenschaftlichen Fakten, die belegen können, das die Erde mehr oder weniger eine Kugel ist?

    Teils so, teils so, denke ich. Das klassische Argument, dass ja niemand zum Rand gekommen und runtergefallen sei, wird ja meistens dahingehend umschifft, dass man von einer Welt mit dem Nordpol in der Mitte und der Antarktis als Ring drumherum ausgeht – nach Osten und Westen segelt man also immer nur im Kreis auf einer Ebene herum.
    Ansonsten … keine Ahnung, was die Flacherdler so zu offensichtlichen Argumenten für die Kugelform sagen – jedenfalls zu denen, die sich nicht durch eine Verschwörung wegdiskutieren lassen (wie etwa Satellitenbilder). Gibt ja einiges, was bei einer flachen Erde nicht wirklich hinhaut: Es kann eigentlich nirgendwo wirklich Nacht sein, weil die Sonne ja über der Scheibe bleibt; Schiffe tauchen mit dem Segel zuerst am Horizont auf … und wie erklären die sich eigentlich eine Mondfinsternis? (Womöglich durch einen weiteren Trabanten, der sich vor den Mond schiebt? Nur mal so ins Blaue geraten.)

    Welchen Vorteil verspricht es, an diese Theorie zu glauben?

    Identität und Abgrenzung. Man weiß die Wahrheit, während alle anderen zu dumm und ignorant sind. Das stärkt das Selbstbewusstsein und verleiht Sinn – der Kern vieler Verschwörungstheorien. Außerdem machen wir Glaubwürdigkeit meist weniger vom Inhalt einer These, als vielmehr von der Quelle abhängig – und wer Youtube-Verschwörungstheoretiker als glaubwürdig ansieht (und davon gibt es viele) hat womöglich auch keine großen Berührungsängste mit der Flachwelt-Theorie.
    Ein weiterer Aspekt ist die Religion. Die Genesis spricht von einer flachen Erde (so zumindest die offensichtlichste Lesart), also ist nur eine flache Erde mit der Bibel vereinbar. Da wären wir bei den ganzen Kreationisten und sonstigen Bibelfanatikern (von denen es auch ziemlich viele gibt).

    Gibt es irgendwelche Schätzungen, wie viele Anhänger diese Theorie besitzt?

    Kompliziert – gerade auch, weil es in dem Bereich recht viele Satiriker gibt, die das ganze nicht ernst meinen, aber sich in sozialen Medien nicht unbedingt als solche identifizieren lassen.
    Die erfolgreichste Facebook-Seite zu dem Thema hat knapp über 200.000 Abonnenten, die zweite 171.000, andere im Zehntausenderbereich.

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