Der Ruf des vollen Mondes

Werwolf in London

Der Mann, der er bei Tage war, starb nie ganz. Doch in den Nächten des vollen Mondes starb er immer wieder. Er spürte es lange, bevor der Himmel sich silbern färbte: ein Ziehen tief im Brustkorb, ein Pochen hinter den Rippen, als würde etwas Uraltes in ihm erwachen und mit kalten Fingern an den Resten seines Menschseins zerren.

Er wollte es nicht. Er wollte es nie. Doch der Mond kannte kein Erbarmen.

Wenn sein Licht die Wälder und Straßen überflutete, wenn die Schatten länger wurden und die Luft zu flimmern begann, dann brach in ihm etwas auf – ein Riss, durch den die Bestie kroch, hungrig, uralt, unaufhaltsam. Er kämpfte. Gott, wie er kämpfte. Mit Nägeln, mit Zähnen, mit Atemzügen, die wie brennende Messer durch seine Kehle schnitten. Er klammerte sich an Erinnerungen, an Worte, an Gesichter, doch sie glitten ihm davon wie Wasser zwischen den Fingern.

Und dann kam der Moment, in dem er seinen eigenen Namen nicht mehr wusste. Nur der Mond wusste ihn noch. Der Mond – und die Bestie.

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