Der Wahnsinn der Neutronenbombe

Die ganze Perversion, die hinter dem Einsatz von Nuklearwaffen als Kriegswaffen und dem Arsenal der Abschreckung steht, hat mit der Erfindung der Neutronenbombe während des Kalten Krieges ihren Höhepunkt erreicht. Hier geht es nicht mehr darum, dem Feind möglichst großen Schaden und Vernichtung zuzufügen, wozu die Atombombe und auch die Wasserstoffbombe konzipiert waren, sondern vielmehr so viel Leben wie möglich zu töten oder zu verstrahlen, ohne der Infrastruktur aus Gebäuden, Fabriken, Straßen und anderen Verkehrswegen großen Schaden zuzufügen, um das Gebiet nach relativ kurzer Zeit komplett und ohne Gegenwehr einnehmen zu können.

Die vom amerikanischen Physiker Samuel Cohen im Jahr 1958 entwickelte Neutronenbombe, die erstmals 1962 getestet wurde, war von Anfang an darauf ausgelegt, den Feind auszuschalten oder kampfunfähig zu machen, ohne das Zielgebiet zu vernichten. Eine solche Waffe, die zwar als Verteidigungswaffe gegen Panzerbesatzungen und Flugzeuge deklariert wurde, hat vor allem den Zweck als Offensivwaffe, um möglichst schnell und effektiv feindliches Gebiet vom Feind zu säubern und einnehmen zu können.

Explosion einer Neutronenbombe

Die Neutronenbombe, die militärisch als Enhanced Radiation Weapon (ERW) oder Verbesserte Strahlungswaffe bezeichnet wird, schuf damit eine völlig neue Form der Bedrohung, wenn man zwar den Gegner beseitigen konnte, aber grundlegend kaum Zerstörung an dessen Besitz erzeugte, um diesen zu übernehmen. Während die Wirkung anderer Atomwaffen vor allem auf der vernichtenden Wirkung der Druck- und Hitzewelle beruht, konstruierte man die Neutronenbombe so, dass sie einen Großteil ihrer Energie in Form harter Neutronenstrahlung freisetzt. Die freigesetzten Neutronen durchdringen selbst schwere Materialien weitgehend ungehindert, haben auf Lebewesen aber eine verheerende Wirkung. Normale Kernwaffen setzen bei ihrer Explosion rund 95 Prozent der freiwerdenden Energie als Wärme von einigen Millionen Grad frei und nur 5 Prozent der Energie in Form von Strahlung, während es sich bei der Neutronenbombe gerade umgekehrt verhält. Sie setzt über 80 Prozent ihrer Energie in Form von Strahlung frei und nur knapp 20 Prozent als Hitze. Die extrem hohe Strahlungsmenge hat zur Folge, dass nach der Explosion einer Neutronenbombe mehr als 70 Prozent der Fläche innerhalb des Wirkungskreises der Bombe eine Strahlendosis von 650 rad und mehr ausgesetzt wird. Wer sich ohne Schutz innerhalb dieser Zone aufhält, ist dem Tod geweiht. Wer sich etwas weiter entfernt befindet, erkrankt an akuter Strahlenkrankheit. Akut Strahlenkranke leiden wochenlang unter Erbrechen, Durchfall und Lähmungen und werden von Krämpfen geschüttelt, ehe sie sterben. Bei geringeren Strahlendosen können sie noch viele Jahre später dem Krebs zum Opfer fallen.

Generell werden Neutronenbomben nicht am Boden eingesetzt, sondern in einer gewissen Höhe gezündet, um kaum Schaden während der Explosion anzurichten, dafür aber die volle Strahlung in alle Richtungen abgeben zu können. So kann man z.B. die Besatzungen von Panzern im großen Umfang ausschalten, aber auch gleichzeitig die Piloten in Flugzeugen und Helikoptern in der Luft.

Da die harte Neutronenstrahlung sehr kurzlebig ist, ist die Verstrahlung des Gebiets nach dem Waffeneinsatz nach 24 bis 48 Stunden soweit abgeklungen, dass dieses wieder genutzt und betreten werden kann.

Glücklicherweise kam es niemals zum Einsatz von Neutronenwaffen, auch wenn die USA als auch Russland entsprechende Waffen in ihren Arsenalen führten. Auch China und Frankreich haben eigene Neutronenbomben entwickelt, aber niemals in ihr militärisches Arsenal aufgenommen. Der amerikanische Präsident Lyndon B. Johnson lehnte den Einsatz von Neutronenbomben in Vietnam ab, weil er eine internationale Verurteilung der USA befürchtete, auch wenn es entsprechende Forderungen von militärischer Seite gab.

Dennoch bleibt der Wahnsinn der Neutronenbombe, dem Schreckgespenst aus dem Kalten Krieg, eine Bedrohung der besonderen Art, da diese Technik bekannt und als Offensivwaffe mehr als geeignet ist.

Auszug aus Artikel in ParaMagazin – Ausgabe 1, 2010

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